Die Faszination des Augenblicks
Dirk Herrmann | Stuttgarter Zeitung
Was für eine Dynamik, was für eine Wucht! Da trifft eine Kugel mitten in eine zarte Blüte, eine Rose, sprengt ihre Blätter, zerfetzt sie. Wer diese Szene sieht, den trifft ein Moment des Staunens, dann einer der Faszination – auch bei mehrfacher Betrachtung. Was war das für eine Kraft, die da am Werk war? Was für eine Gewalt, und doch: Sie vernichtet nicht, sie verwandelt. Der Waiblinger Fotograf Peter Oppenländer hat sich auf den Weg gemacht, derlei magische Momente festzuhalten, Momente der Überwältigung. Er stellt derzeit einen Teil seines Schaffens im Kulturpark Kernen aus. Titel: „Faszination des Augenblicks.“
Es ist, so sagt er selbst, die Liebe zu den Details und auch das Streben nach Perfektion, die seine Arbeiten kennzeichnen. Manche seiner Aufnahmen benötigen Tage und Wochen der Vorbereitung, um die Wirkung zu erzielen, die sie nun einmal erzielen sollen. Oppenländer blickt dann nicht einfach durch die Linse und drückt ab, er konstruiert Bildwelten, durchdenkt sie, inszeniert sie. Und der studierte Maschinenbauer kennt dabei keine Berührungsängste – egal, ob es um Landschaften geht, um Porträts oder um Essen. Er inszeniert Geschichten.
Diese Geschichten sind häufig begleitet von einem Hauch von Surrealismus, wie etwa das Bild „Schach mit dem Tod“ – eine Anspielung auf den berühmten Film von Ingmar Bergman, aber eben nicht nur das. Die Details dieses Bildes sind minutiös arrangiert. Schachbrett, Lampe, Kleidungsstücke, die Position der Hände, der Totenschädel auf dem Brett, sie alle erzählen Geschichten. Oppenländer liebt es, seine Zuschauer*innen zu fordern, will, dass sie eintauchen in die Details und dass die Fantasie zu sprudeln beginnt.
Eine besondere Liebe hegt er für außergewöhnliche Perspektiven und Blickwinkel, etwa wenn er den sprichwörtlichen „Fischaugenblick“ auf den Teller bringt, Lebensmittel dramatisch von unten in Szene setzt, als hätte der Betrachter einen Blick aus der Unterwelt erhascht. „Was ich mache, will ich gut machen, ich möchte stets an die Grenzen gehen“, erklärt Oppenländer. Mit dieser Maxime ist er weit gekommen, seine Aufnahmen hängen in Galerien und Museen, sie sind in zahlreichen Büchern abgedruckt und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Oppenländer ist kein Lauter, er sucht nicht das Rampenlicht, aber er scheut auch keine Aufmerksamkeit. Wichtig ist ihm die Arbeit, das Bild, die Idee. „Die Star-Fotografen sind lauter, aber das ist nicht meine Art“, sagt er. In der Ruhe liegt für ihn die Kraft, in der Konzentration. Auch die Ausstellung in Kernen ist das Ergebnis intensiver Arbeit, und sie dokumentiert seine Suche nach dem einen, besonderen Moment, der so flüchtig und so vergänglich ist, und dennoch: „Der Fotograf kann ihn für immer festhalten.“